Einsatz im Flammeninferno
Brennende Fahrzeuge, aufgetürmter Fahrzeugschrott und Rauchschwaden. Wohl nirgends lassen sich Unfallszenarien so realistisch darstellen wie in Bonnland, dem Übungsdorf der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz in Hammelburg. Wo unter der Woche Soldaten für den Häuserkampf trainieren, übten am Wochenende die Feuerwehren aus dem Kreis Aschaffenburg, wie man Leben rettet.
Begonnen hat dieser Megaeinsatz mit einem »Verkehrsunfall« an der Ecke Schloss- und Hauptstraße in Bonnland. Zwei Autos waren zusammengestoßen, eines davon fing Feuer. Mehrere Personen waren in den Fahrzeugen eingeklemmt. Ein Fahrzeuganhänger hatte sich beim Aufprall losgerissen und war die Schlossstraße hinunter gerollt. In diesem Anhänger befanden sich mehrere, ungesicherte Gasflaschen. Ausströmendes Gas entzündet sich wie in einer Kettenreaktion, setzt Haus 25 in Brand, einzelne Flaschen explodieren sogar.
16 Verletzte, drei Tote
Menschen schreien um Hilfe, stürzen teilweise schwer verletzt auf die Straße. Eine Frau droht mit ihrem Kind auf dem Arm im Haus 27 aus einem Fenster zu springen, die Wohnung dahinter steht in Flammen. Gleichzeitig beginnt das Feuer auf weitere Häuser überzugreifen. Die Bilanz am Ende: 16 Personen wurden aus Fahrzeugen und Häusern gerettet und erstversorgt. Für drei weitere Personen kam jede Hilfe zu spät.
Im Eingang genanntes Szenario fand gleich zweimal statt. Am Samstag und Sonntag machte sich je eine Feuerwehrbereitschaft aus dem Landkreis Aschaffenburg auf in Richtung Hammelburg, um dieser Lage her zu werden. Somit waren pro Tag 85 Einsatzkräfte mit jeweils 16 Fahrzeugen, aufgeteilt in drei Züge und einer Führung- und Versorgungsgruppe unterwegs.
Übung beginnt bereits in Hösbach
ie Übung begann schon in Hösbach mit dem Zusammenstellen eines Marschverbandes. Dieser wurde dann durch eine Lotsen- und Erkundungsgruppe - weitere 30 Personen mit acht Fahrzeugen - nach Hammelburg geführt. Dort angekommen folgte eine kurze Erholungspause für Mannschaft und Gerät. Pünktlich um 10 Uhr startete dann die Übung.
Dass ein solches Szenario nur schwer beherrschbar ist, mussten die Einsatzkräfte sehr schnell feststellen. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Wasserversorgung durch Hydranten, in Bonnland nicht ausreichend ist. So stand für diese Übung kein einziger Hydrant zur Verfügung. Das Wasser musste über 1100 Meter aus einem Weiher herangebracht werden. Es wurde in Einsatzverlauf zwar ein kleiner Bach im Ort gestaut und dort Wasser entnommen, dies reichte allerdings bei weitem nicht aus.
Kreisbrandrat Karl-Heinz Ostheimer zeigte sich mit dem Übungsverlauf an beiden Tagen zufrieden. Kleinere Mängel gilt es nun im Nachgang abzustellen. Eine solche Lage, wie sie hier vorgefunden wurde, ist aber nicht alltäglich. Hier gilt es Prioritäten zu setzten und mit den vorhandenen Mitteln auszukommen. Eine klassische »Mangelverwaltung«.
Im Ernstfall hätten in kürzester Zeit bei einem solchen Ereignis weitere Kräfte aus dem gesamten Landkreis zur Verfügung gestanden, versicherte Ostheimer. Ebenfalls wäre der Rettungsdienst, der an der Übung nur mit einem Rettungswagen teilgenommen hat, wesentlich stärker vertreten. Jedoch war auch die qualifizierte Erstversorgung der Verletzten durch Feuerwehrkräfte ein Bestandteil dieser Übung.
50 Personen zur Vorbereitung
Um die Übung vorzubereiten, waren weitere 50 Personen, teilweise schon ab Freitag, im Einsatz. Zur Übungsdarstellung und Vorbereitung, als »Verletzte« und Schminkteam, zur Versorgung mit Speisen und Getränken, zum Aufbau einer Einsatzleitung, als Schiedsrichter und Beobachter sowie zur Pyrotechnischen Schadensdarstellung.
Dieses Mammutunternehmen dient der Sicherheit der Bürger im Landkreis. Nur durch solche realitätsnahe Übungen, die physisch und psychisch allen Beteiligten das Äußerste abverlangen, kann jeder aus seinen Fehlern lernen. Wegen der hohen Kosten und aus Organisationsgründen können sie aber nur sehr selten stattfinden.
Andreas Emge
Main-Echo vom 04.07.2007